Zollrecht: BFH erlaubt Nacherhebung von Einfuhrzoll – Warnung an Händler mit Importstruktur außerhalb der EU

A container gantry crane on a rail loads the container into a barge

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.01.2025 (Az. VII R 8/21; veröffentlicht am 30.05.2025) entschieden, dass der Zoll auch rückwirkend Einfuhrabgaben nacherheben darf, wenn ein struktureller Rechtsmissbrauch vorliegt – selbst dann, wenn die Behörden die Praxis über Jahre hinweg nicht beanstandet haben.

Was bedeutet das für Händler mit eigenem Onlineshop und Importen aus Nicht-EU-Ländern?
Wer Waren aus Drittstaaten (z. B. China) importiert und dabei mit verbundenen Unternehmen oder Dienstleistern zusammenarbeitet, sollte prüfen, ob die Importstruktur rechtlich und wirtschaftlich standhält. Besonders riskant sind sogenannte „Strohmanngeschäfte“, bei denen Einfuhrlizenzen eines Dritten (z. B. eines Partners mit Kontingentzugang) genutzt werden, um Zollvorteile zu erhalten, obwohl keine echten Handelsbeziehungen vorliegen.

Zum konkreten Fall:
Ein Händler ließ über eine GmbH Champignonkonserven aus China importieren. Beide – Händler und GmbH – verfügten über Einfuhrlizenzen, die einen ermäßigten Zollsatz im Rahmen eines EU-Kontingents ermöglichten. Nachdem die GmbH ihre Lizenzmengen ausgeschöpft hatte, wurde die Ware formal vom Händler eingeführt und anschließend mit geringer Marge an die GmbH zurückveräußert. Tatsächlich steuerte die GmbH jedoch die gesamte Lieferkette.

Der BFH sah hierin einen Rechtsmissbrauch, da die Handelsbeziehung nur zum Zweck geschaffen wurde, weiterhin von zollbegünstigten Kontingenten profitieren zu können.

Keine Berufung auf Vertrauensschutz möglich
Auch wenn die Zollbehörden die Praxis jahrelang nicht beanstandet hatten, ist eine Nacherhebung rechtmäßig. Der BFH entschied, dass sich der Händler nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er aufgrund eines vergleichbaren EuGH-Urteils („SICES“, C-155/13) das Risiko hätte erkennen müssen.

Wichtige Konsequenzen für Händler:

  • Die Nutzung von Einfuhrlizenzen durch Dritte darf nicht bloß formeller Natur sein.
  • Rückverkäufe nach der Einfuhr ohne realen wirtschaftlichen Hintergrund können als Umgehung angesehen werden.
  • Bei künstlich konstruierten Strukturen droht die Nacherhebung des vollen Drittlandszolls – rückwirkend.

Fazit:
Gerade bei Importgeschäften außerhalb der EU sollten Händler sicherstellen, dass sämtliche Handels- und Lizenzstrukturen substanziell und wirtschaftlich nachvollziehbar sind. Der BFH setzt hier eine klare Grenze: Zollvorteile dürfen nicht durch rechtlich missbräuchliche Gestaltung erschlichen werden.

Quellen:

  • BFH, Urteil vom 14.01.2025, Az. VII R 8/21
  • EuGH, Urteil vom 13.03.2014, C-155/13 („SICES u.a.“)
  • NWB Datenbank, Veröffentlichung vom 30.05.2025