Durch Untreue erlangte Einnahmen sind regelmäßig nicht als steuerbare Vermögensmehrungen zu beurteilen. Dies gilt selbst dann, wenn die veruntreuten Gelder zunächst zum Zwecke der Bestechung weitergeleitet werden, um dann absprachegemäß durch eine „Rückzahlung“ (teilweise) zu profitieren. Das entschied das Finanzgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 02.05.2024 (Az. 4 K 84/23) – das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Hintergrund:
Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zählen zu den „sonstigen Einkünften“ auch Leistungen, die nicht anderen Einkunftsarten zugeordnet werden können. Eine Leistung in diesem Sinne ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. BFH, Urt. v. 14.4.2015 – IX R 35/13).
Sachverhalt:
Ein Kläger veranlasste Zahlungen vom Geschäftskonto seines Arbeitgebers an einen Angestellten (H) eines potenziellen Auftraggebers. Ziel war es, durch Bestechung die Auftragsvergabe an den Arbeitgeber des Klägers zu beeinflussen. Gleichzeitig bestand eine Absprache, dass der Kläger selbst von einem Teil der Zahlungen profitieren solle. Entsprechend zahlte H einen Teil der erhaltenen Beträge an den Kläger privat zurück. Das Finanzamt bewertete diese Rückzahlungen als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG.
Entscheidung des FG:
Das Finanzgericht sah hierin keine steuerbare Gegenleistung. Die Zahlung an H sei Teil einer gemeinsamen Unrechtsvereinbarung gewesen, wonach auch der Kläger profitieren sollte. Die sogenannte Rückzahlung war keine wirtschaftliche Gegenleistung, sondern Ausdruck einer „Beuteteilungsabrede“, also der Aufteilung von veruntreuten Geldern. Eine steuerbare Leistung liege daher nicht vor.
Fazit:
Veruntreute Gelder, auch wenn sie im Rahmen einer unrechtmäßigen Absprache zur Bestechung weitergeleitet werden, unterliegen nicht der Einkommensteuer, wenn keine rechtlich relevante Gegenleistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG vorliegt.
Quelle: FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 02.05.2024 – 4 K 84/23; NWB-Datenbank